Weissgurt

DER WEISSGURT

Die Stufe der Reinheit und der vorhandenen Möglichkeiten

In der Natur kommt weder schwarz noch weiss – wenn überhaupt – in seiner reinsten Form vor, deshalb werden beide Erscheinungen oft als Nichtfarben bezeichnet. Weiss reflektiert alle Lichtquellen, nimmt also keine auf, da es schon das ganze Farbspektrum enthält. Der Weissgurt symbolisiert somit die Möglichkeit des neuen Schülers, höhere Stufen zu erreichen. Du hast es in dir – durch das Training wirst du es aus dir herausholen. Emerson erinnert uns: „Nur das, was in uns liegt, können wir auch in der Aussenwelt wahrnehmen“. All deine Träume und Hoffnungen stecken schon in dir drin. Dies gleicht einem Edelstein, der durch Schlammschichten verkrustet ist, die mit dem „Meissel der Entschlossenheit und des Vertrauens“ nur noch weg gespitzt werden müssen.
Weiss symbolisiert die Reinheit. Der neue Schüler wird als rein bezeichnet, weil er nichts über die Anforderungen der Kunst weiss, gar keine Erfahrung darin hat. Das Herz des Weissgurtes ist voller Hoffnung. Aus dieser Hoffnung spriesst der erste Enthusiasmus, zu trainieren und zu lernen. Höre dem Lehrer zu und lerne, reflexartig auf seine Anweisungen zu reagieren.
Schon von der ersten Rumpfbeuge an ist die Reinheit des Weissgurtes für immer vergangen, dies kann nicht wieder rückgängig gemacht werden. Der Gürtel nimmt Schweiss und Staubpartikel auf und verliert dabei seine ursprüngliche Farbe. Die Reise nach oben durch das Farbenspektrum hat begonnen. Setze dir Ziele im Training und arbeite unaufhaltsam darauf hin.
Neben dem Schwarzgurt ist der Weissgurt der Wichtigste im Leben des Karateka. All die neuen Techniken, all die Regeln und Anforderungen im Dojo, all die neuen körperlichen und geistigen Ansprüche stellen die wichtigsten Punkte dieser Stufe dar – durch Hingabe kann sich dein ganzes Leben für immer verändern, wie weit du dabei gehen willst, bleibt ganz dir überlassen.
Als Weissgurt brauchst du nicht zu eilen. Konzentriere dich darauf, die grundlegenden Dojo-Regeln der Höflichkeit zu erlernen, und entwickle die Gewohnheit des regelmässigen Trainingsbesuches. Arbeite beständig an deiner Fitness. Gewöhne dich an den Ablauf des normalen Trainings. Zeige dir selber, dass du gewillt bist, die erwünschten Anstrengungen zu erbringen. Niemand nimmt dir übel, dass du gewisse Techniken nicht ausführen kannst, aber wenn du Bereitschaft zeigst alles zu tun, um sie zu erlernen, so werden dir alle mit Vergnügen dabei helfen. Die unausgesprochene Regel des Dojos lautet, dass man für die Bereitwilligkeit, etwas zu leisten, akzeptiert wird. Es ist überhaupt keine Schande, ein Weissgurt zu sein. Trage ihn mit Stolz. Auch der Meister war einmal ein Weissgurt. Aber gib immer dein Bestes. Das ist das einzige, was man von dir verlangt.